Das ist aus dem einst baufälligen Gebäude geworden - Weberei Rundgang
10.08.2022 | Weberei Rundgang
Der Webereihochbau galt als baufällig und nicht sanierbar. Nun ist allen Unkenrufen zum Trotz ein Blickfang daraus geworden. Christian Funk hat das komplette Gebäude von der Orbau erworben.
„Namhafte Experten haben gesagt: unsanierbar. Ich habe gesagt: Wir trauen uns!“, erinnert sich Orbau-Geschäftsführer Burkhard Isenmann. Sein Mut hat sich gelohnt: Aus dem denkmalgeschützten Webereihochbau auf dem alten Spinnereigelände ist in zweijähriger Bauzeit ein echtes Schmuckstück geworden. Der Offenburger Unternehmer Christian Funk ist von dem Objekt so begeistert, dass er gleich das ganze Gebäude gekauft hat: „Ich habe einen riesigen Respekt vor der Leistung der Handwerker“, sagt Funk beim Vor-Ort-Termin. Jochen Weinzierl, der für Funk den Bauprozess begleitete, ergänzt: „Das Ding war baufällig. Da bedarf es hoher handwerklicher Kunst, daraus so ein fantastisches Gebäude zu schaffen.“
21 Wohnungen in der Größe von 65 bis 143 Quadratmeter sind im Zuge der Sanierung entstanden. Über 300 Bewerbungen hat Orbau-Vertriebsleiterin Sabine Bauer gesichtet, ehe die Mieter ausgewählt waren. Sie genießen den Blick auf den Zwingerpark und die Altstadt auf der einen und die Rheinebene auf der anderen Seite. Die über 150 Jahre alten Balken des Dachstuhls sind erhalten worden und geben den Räumen Flair. Die Balken baumelten durch den jahrelangen Leerstand in unterschiedlicher Höhe. „Wir mussten alles wieder auf eine Ebene bringen“, berichtet Orbau-Bauleiter Claudius Genter.
Der denkmalgeschützte Webereihochbau war vor seiner Sanierung einsturzgefährdet wie ein Kartenhaus
Über 300 Bewerber
Marode waren auch die Zwischendecken des Webereihochbaus. „Wir haben Massivdecken eingebaut und die alten Decken wie vom Denkmalamt gewünscht erhalten. Theoretisch steht das Haus jetzt in einem Neubau. Wir könnten die Stützen entfernen“, erklärt Orbau-Chef Isenmann.
Heiß auf Eis
Im über 1000 Quadratmeter großen Erdgeschoss befinden sich vier Gewerbeeinheiten. Eine davon hat der neue Eigentümer Christian Funk gleich für sich reserviert, genauso wie eine der 21 Wohnungen. Im Erdgeschoss ist zum Spielplatz und zur Villa Bauer hin eine Gastronomie geplant. Mit zwei erfahrenen Offenburger Gastronomen wurde ein langfristiger Pachtvertrag geschlossen, informiert Isenmann. Zum 1. September soll das Spinnerei-Café öffnen, „wenn bis dahin alle Geräte da sind“. Baubürgermeister Oliver Martini habe auf das Café gedrängt. „Ich selbst war kritisch. Im Nachhinein muss ich aber sagen: Martini hat recht gehabt“, freut sich auch Isenmann auf die erste Kugel Eis.
Richterspruch nötig
Auf der Zielgeraden gab es noch einen juristischen Streit auszufechten, bei dem der Orbau-Chef siegreich blieb. Das städtische Bauamt stufte das Wasserplätschern der Fischtreppe am Mühlbach als gewerblichen Lärm ein, weil es durch das Kraftwerk am Mühlbach entsteht, und machte besonders hohe Auflagen geltend. Im Raum standen gar eine Verlegung des Mühlbachkanals oder eine Verschalung der Balkone mit schalldichtem Glas. „Das wäre völlig im Widerspruch zu den Vorgaben des Denkmalamts gestanden“, schüttelt Isenmann den Kopf. Er legte Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht Freiburg ein und bekam recht.
„Der Richter ist beim Ortstermin auf den Balkon gestanden und sagte zu den Vertretern der Stadt: Wissen Sie was! Da würde ich selber einziehen“, schmunzelt Isenmann. Mit gesundem
Menschenverstand habe der Richter dem Einspruch stattgegeben: „Sonst müsste man es in Freiburg an der Dreisam oder in Kehl am Rhein genauso handhaben, weil es überall eine gewerbliche Nutzung der Gewässer gebe“, zitiert Isenmann den Richter.
Kaufpreis „über zehn Millionen Euro“
Der genaue Kaufpreis bleibt geheim, lag aber bei „über zehn Millionen Euro“. Der für sein Faible für alte Gebäude bekannte Funk (Hotel „Liberty“, Ausbesserungswerk) hätte auch gerne das benachbarte denkmalgeschützte Kesselhaus erworben: „Aber da war Stefan Strumbel leider schneller.
Wettbewerbssieg 2017 als Grundstein
Im März 2017 hat die Orbau den Investorenwettbewerb für den denkmalgeschützten Webereihochbau gewonnen. Als Mindestgebot für das Gebäude mit seinen drei Vollgeschossen à 1340 Quadratmeter und das 3058 Quadratmeter große Grundstück waren damals 700.000 Euro aufgerufen. Orbau-Chef Burkhard Isenmann zeigte sich beim Vor-Ort-Termin mit dem OT stolz darüber, dass sein Unternehmen den Zuschlag bekommen hat, „obwohl höhere Angebote von Mitbewerbern vorlagen“. Erhalten geblieben sind auf dem Spinnerei-Areal die Arbeiterwohnungen, der Webereihochbau, Villa Bauer und Villa Linse. Die denkmalgeschützten Gebäude Kesselhaus und Meisterhaus werden gerade oder demnächst saniert.
Quelle: baden online – Christian Wagner (10. August 2022)